Wegen Ukraine-Krieg – Logistikbranche ächzt unter steigenden Transportkosten

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Für die Transportbranche bedeutet der Krieg in der Ukraine rasant steigende Kosten. Treibstoff ist teuer geworden, Fahrer aus Osteuropa fehlen. Das System stockt. Die Folge: Pufferlager werden in Deutschland derzeit so stark nachgefragt wie im ersten Corona-Lockdown 2020.

Erst die Corona-Pandemie, jetzt der Ukraine-Krieg. Die Transportbranche durchlebt schwierige Zeiten, viele Unternehmen bangen um ihren Fortbestand. Allein in Hessen befürchten derzeit etwa 100 von 1.300 Speditionen Insolvenz anmelden zu müssen, meldete die Onlineseite der „Hessenschau“. Kein Wunder, lag der Preis für einen Liter Diesel Anfang dieses Jahres noch bei 1,55 Euro, schoss er im März in der Spitze bis auf 2,33 Euro. Speditionen müssen deswegen mit ihren Verladern über höhere Preise reden.

Für die mittelständisch geprägte Branche steht derzeit viel auf dem Spiel, und weder das Ende des Kriegs in der Ukraine noch ein Sinken der Spritpreise sind in Sicht. „Die finanzielle Belastungsgrenze vieler Transportunternehmen ist erreicht“, beschrieb Dirk Engelhardt, Vorstandssprecher des Bundesverbands Güterverkehr Logistik und Entsorgung (BGL), die Lage. Denn nicht nur der steigende Dieselpreis setzt den Unternehmen zu, auch das Abgasreinigungsmittel AdBlue ist teurer geworden, bisweilen wegen Hamsterkäufen sogar ausverkauft. Engelhardt befürchtet „schlicht und ergreifend eine Insolvenzwelle im deutschen Transportgewerbe“.

 

 

Weniger Transport heißt weniger Waren für Verbraucher und Industrie

Hinzu kommt der ohnehin schon spürbare Fahrermangel (laut BGL fehlen in Deutschland mindestens 60.000 Kräfte), der sich mit Beginn des Ukraine-Kriegs noch verschärft hat. Der BGL schätzt, dass europaweit aktuell 100.000 Lkw-Fahrer aus der Ukraine fehlen, schließlich wurden die meisten männlichen Bewohner des Landes zum Wehrdienst einberufen und können deswegen nicht für Transportunternehmen in Polen und Litauen fahren. Laut BGL-Vorstandssprecher Engelhardt waren in Deutschland 2021 rund sieben Prozent der Lastwagenfahrer Ukrainer.

 

 

Wenn die Logistik teurer wird, steigen auch die Preise für Industrie- und Konsumgüter

Aber auch Fahrer aus Polen, Belarus und selbstverständlich Russland bleiben jetzt aus, weswegen der Bundesverband Spedition und Logistik (DSLV) davon spricht, dass die europäischen Frachtkapazitäten derzeit um bis zu sieben Prozent eingeschränkt sind, wie der „Spiegel“ aus einem internen DSLV-Papier zitiert. Darin heißt es weiter, dass sich Logistik- und Transportdienstleistungen sämtlicher Verkehrsträger spürbar verteuern würden: „Die Preisentwicklung für logistische Dienstleistungen wirkt bereits auf das Preisniveau von Industrie- und Konsumgütern.“

Der Forderung des DSLV nach deutlich kürzeren Berichtsintervallen der Energiepreisindizes des Statistischen Bundesamts (Destatis) sind Deutschlands oberste Statistiker mittlerweile nachgekommen. Seit dem 25. März werden wöchentlich Tagesdurchschnittspreise für Diesel, E5 und E10 veröffentlicht. „Damit reagiert das Statistische Bundesamt auf den Bedarf nach aktuellen und zuverlässigen Daten zu Kraftstoffpreisen aus fachlich unabhängigen Quellen“, erklärte Destatis-Präsident Georg Thiel. Ende März waren die Spritpreise wieder etwas gefallen. So lag am 20. März der Tagesdurchschnittspreis für einen Liter Diesel bei 2,16 Euro. Das ist zwar billiger als Anfang des Monats, doch immer noch zu teuer für viele Unternehmen.

 

 

In der Ukraine entfällt derzeit der Versicherungsschutz

Zumal die meisten Unternehmen wegen des Kriegs kaum noch nach Russland oder gar in die Ukraine fahren. Denn Letztere ist Kriegsgebiet, daher entfällt dort der Versicherungsschutz. Zu den Betroffenen zählt etwa das Speditionsunternehmen Emons. „In die Ukraine kommen wir schlichtweg nicht mehr hinein“, sagte Ralf Wieland, Sprecher der Geschäftsführung, der „Verkehrsrundschau“. Emons holt demnach nur noch letzte Aufträge nach Deutschland. Und Russland? „Hier ist unser Volumen um 90 Prozent eingebrochen“, so Wieland weiter, verwies aber auch darauf, dass Emons den Verkehr nach Russland seit der Krim-Annexion im Jahr 2014 und des damit verbundenen Russland-Embargos deutlich eingeschränkt habe.

Wenn kein Verkehr mehr fließt, der Ware transportiert, muss diese irgendwo untergebracht werden. Das bedeutet, dass Pufferlager derzeit wertvoll wie selten sind. Doch: Diese Lager laufen so langsam voll. „Die Bestände türmen sich bis zum Himmel, und im Süden Deutschlands mal schnell eine neue Lagerfläche zu finden, ist nahezu unmöglich“, skizzierte Oliver Skala, einer der Geschäftsführer der LLS Team GmbH Spedition, in der „Verkehrsrundschau“ die Lage in der Branche. Einerseits kann die Ware wegen der Probleme der Speditionen nicht abtransportiert werden, andererseits kommt über den Seeweg bereits neue an, die bereits vor Wochen oder Monaten in Asien bestellt worden war.

 

 

Jetzt werden gute Pufferlager gesucht

Es kommt jetzt also vor allem darauf an, über ein Netz an guten Lagerkapazitäten zu verfügen. Es geht um Hallen in entsprechender Qualität, möglichst groß und verkehrstechnisch gut angebunden. Die Lage erinnert zumindest ein bisschen an den April 2020, als die Corona-Pandemie im ersten Lockdown in Deutschland das logistische System hierzulande an seine Belastungsgrenzen brachte, weil plötzlich eine enorme Menge an Lebensmittelware in den Markt drückte, vor allem Kühl- und Tiefkühlsortimente, und die Zentrallager der Lebensmittelhändler diese kaum noch aufnehmen konnte. Der Modehandel wiederum saß auf Frühjahrsware fest, weil diese wegen des Lockdowns nicht verkauft werden konnte. Alles musste irgendwo gelagert werden, trocken, sicher – und kühl, je nachdem. In der ersten Woche des Lockdowns gingen damals bei Logivest Anfragen für insgesamt eine Million Quadratmeter Fläche ein. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2019 wurden insgesamt sieben Millionen Quadratmeter Logistikfläche vermietet, und zwar von allen entsprechenden Dienstleistern zusammen. Ein Trost: Von dem Ausmaß von 2020 ist der Markt aktuell noch weit entfernt.

Damals wie heute wurde und wird allerdings deutlich, wie systemrelevant ein funktionierendes System für Logistikimmobilien ist – und dass eine Rückkehr zu einem Nearshoringsystem mit heimatnaher Produktion und Lagerung für krisenfestere Lieferketten sorgen kann.

 

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